Schon durchs Fenster nach außen wabern die Düfte aus der Triesdorfer Brennerei, innen gluckert es genüsslich vor sich hin. Brennmeister Armin Billing lässt frische Maische in die Brennblase einfüllen, die vergorene Maische wird vorher abgepumpt. In zwei Gefäße tropft eine klare Flüssigkeit, rechts fließt Kondensationswasser ab, links tropft 75 Prozentiger Alkohol. Zwetschge oder Birne werden derzeit bei den Landwirtschaftlichen Lehranstalten gebrannt, es ist Brennsaison in Triesdorf.
Fässer aus fränkischer Spessarteiche
Aus dem Triesdorfer Streuobst werden schon seit Jahrzehnten verschiedenste Brände hergestellt – die jetzigen Brände reifen sogar in Fässern aus fränkischer Spessarteiche. Jedoch hat sich die Intention und die Qualität verändert: „Während früher allgemein möglichst viel Alkohol aus Fallobstbeständen hergestellt wurde, wird heutzutage nur noch handverlesenes Streuobst verwendet“, erklärt Markus Heinz, Leiter der Abteilung Pflanzenbau und Versuchswesen. „Schadhafte Stellen werden ausgeschnitten und dürfen nicht mehr in die Maische, um ein hochwertiges Produkt herzustellen“. Aber das ist nicht das alleinige Ziel, sondern durch Nischenprodukte aus Streuobst soll eben dieses aufgewertet werden. „Auch wenn Streuobst durch verschiedene Saftinitiativen in den letzten Jahren wieder in die Gedankenwelt der Gesellschaft eingedrungen ist, wollen wir Synergieeffekte durch ein hochwertiges Produkt herstellen, das nicht jeder kennt, um die Neugierde der Menschen zu wecken“, sagt Markus Heinz.
Brände aus dem Ökosystem Streuobstwiese
Doch es geht nicht nur um Produktneuentwicklung: „Streuobstwiesen sind Hotspots der Biodiversität“, fügt Gartenbaumeister Simon Schnell hinzu. „Wer quasi Brände aus Obst aus dem Ökosystem Streuobstwiese kauft, unterstützt die Artenvielfalt“. Streuobstwiesen übernehmen die Funktion einer ökologischen Nische in der intensiv bewirtschafteten Kulturlandschaft, denn sie sind neben Hecken, Feldrainen, Feuchtbiotopen und Wald wichtige Bausteine bzw. Mosaiksteine im Biotopverbund, um durch die Vernetzung dieser Lebensräume die Biodiversität zu stärken.
Alte Sorten haben vielfältigere Aromen
Voraussetzung zur Sicherung dieser Vielfalt ist die Bewirtschaftung und Pflege der von Menschenhand geschaffenen Streuobstwiesen, denn Vielfalt verschwindet mit dem Unterlassen der Pflege der Bäume und des Unterwuchses. „Interessante Produkte, die sich auch vermarkten lassen, fördern die Bereitschaft, sich um Streuobstwiesen zu kümmern“, sagt Markus Heinz. Gerade in den alten Sorten, die eben auf Streuobstwiesen wachsen, finden sich vielfältige Aromen, die bei den neuen Sorten nicht vorhanden sind. Durch verschiedene Lageroptionen wie im Holzfass lassen sich diese besonders stärken. „Im Weinbau ist man da schon etwas weiter“, sagt Markus Heinz. „Verschiedene Lageroptionen im Fass oder in Steinbehältern sind dort schon Gang und Gebe. Wir wollen für Obstbrände eine ähnliche Vielfalt erreichen“. Allerdings ist das bislang noch Zukunftsmusik.
Dabei geht es nicht nur um den klassischen Brand nach dem Essen. „Unser Ziel ist es, hochwertige Trendprodukte zu etablieren, die sich für Cocktails für die jüngere Generation eignen“. Diese müssen nicht einmal besonders alkoholreich sein. „Wir wollen Traditionelles mit Modernem kombinieren, regionale Produkte sollen trendy werden“, sagt Markus Heinz. „Dadurch wird das Interesse an der Region und seiner Vielfalt gestärkt“.Start writing here...